Vorbereitung und Anlage artenreicher Flächen
Derzeit ist neben der naturschutzfachlichen Aufwertung durch verändertes Pflege- bzw. Bewirtschaftungsmanagement die Neuanlage von hochwertigen Lebensräumen eins der wichtigsten Instrumente zum Erhalt bzw. zur Erhöhung der Biodiversität in unserer Kulturlandschaft. Je nach Ausgangszustand und Schutzstatus der Fläche, auf der ein artenreicher Lebensraum angelegt werden soll, sind verschiedene Techniken notwendig, um eine erfolgreiche Ansaat zu gewährleisten, die wir im Folgenden kurz vorstellen.
Die Anleitungen und Beschreibungen wurden zum großen Teil dem Praxisleitfaden „Blütenmeer 2020“ der schleswig-holsteinischen Stiftung Naturschutz entlehnt und auf bayerische Verhältnisse angepasst. In dem genannten Leitfaden finden Sie viele weitere Details zu fachlichen und rechtlichen Aspekten verschiedener Verfahren. Wir empfehlen den Leitfaden daher unbedingt zum Nachlesen.
Die Technik
Übersicht über die verschiedenen Techniken
Neuanlage oder Nachsaat in bestende Vegetation ohne Umbruch?
Der Umbruch von Acker- und Kleegrasflächen ist für die Entwicklung von artenreichem Grünland unbedingt notwendig, wenn man keine Totalherbiziden anwenden möchte. Anders ist es nicht möglich, die angesäten Zuchtformen durch die Wildformen der gleichen Arten zu ersetzen. Eine gute Bodenvorbereitung ist der Schlüssel zum Erfolg für die Umwandlung von einem Ackergrasbestand hin zu artenreichem (Wildpflanzen-)Grünland. Abweichend verhält es sich bei Dauergrünlandflächen: Bevor eine Dauergrünlandfläche für eine Renaturierung umgebrochen wird, gilt es anhand der tatsächlich vorhandenen Arten zu prüfen, ob die Fläche evtl. einen Schutzstatus gemäß Art. 23 BayNatSchG hat und ob Zielarten des artenreichen Grünlandes schon auf der Fläche vorhanden sind. Erhaltung geht in diesem Fall immer vor Umbruch und erfordert gegebenenfalls detailliertere Aufwertungsverfahren wie z.B. veränderte Bewirtschaftung, kleinflächige Streifeneinsaat, Nachsaat in Rillen, Pflanzung fehlender Grünlandarten oder eine Kombination mehrerer dieser Verfahren. Die für eine Narbenerneuerung erforderlichen Genehmigungsverfahren sind zu beachten, ebenso wie bei der Aussaat von
Druschgut oder Ausbürstgut die Regelungen der Erhaltungsmischungsverordnung.
Umbruchlose Verfahren
Aufgrund der aktuellen gesetzlichen Regelungen (z. B. geschütztes Biotop nach Art. 23 BayNatSchG oder Lage in Erosions-, Moor-, Überflutungs- oder FFH-Gebieten) ist eine wendende Bodenbearbeitung nicht überall zulässig. Für diese Fälle werden drei umbruchlose Verfahren vorgestellt, die auch auf geschütztem Dauergrünland eingesetzt werden können.
Die umbruchlose Aufwertung artenarmer Grünlandflächen ist nicht für alle Grünlandstandorte gut geeignet. Das Problem besteht darin, dass die auf der Fläche vorhandenen Pflanzen einen Konkurrenzvorteil gegenüber den Neuankömmlingen haben, die sich erst etablieren müssen. In der ersten Vegetationsperiode nach der Maßnahme ist für eine kurze Grasnarbe zu sorgen, damit die Konkurrenz des Ausgangsbestandes verringert wird und sich die neuen Keimlinge leichter
etablieren können.
Eine umbruchlose Aufwertung ist gut für Flächen geeignet, die schon einige nur mäßig häufige oder seltene und damit erhaltenswerte Grünlandarten enthalten, denen aber in ihrer Artenzusammensetzung noch zahlreiche typische Arten fehlen. Hier können durch den Einsatz umbruchloser Verfahren gezielt fehlende Arten z. B. über die Verwendung von Druschgut,
Ausbürstgut oder Regio-Saatgut eingebracht werden. Je magerer der Standort, desto vielversprechender sind die Erfolgschancen. So können auch artenarme Brachen auf mageren Standorten, auf denen sich viel Streu akkumuliert oder sich ein dichter Moosfilz gebildet hat, durchaus Aufwertungspotential für umbruchlose Aufwertungsverfahren aufweisen.
Die Unterschiedlichen Geräte und Verfahren
1. Neuanlage mit vorherigen Umbruch
UMKEHRFRÄSE
Die besten Voraussetzungen für die Etablierung von Wildblumenwiesen sind bei Umbruch mit einer tief eingestellten (mind. 20 cm Tiefe) Umkehrfräse gegeben, da hier die alte Narbe wendend in die Erde gelegt und durch feines Bodenmaterial überdeckt wird. Dies steht dann als Saatbett zur Verfügung. Es entsteht so keine Pflugfurche. Das Verfahren ist vergleichsweise aufwendig, da die Flächenleistung pro Zeiteinheit wesentlich geringer ist als bei anderen Verfahren.
PFLUG
Beim Pflügen wird die Grasnarbe gewendet, die Pflugscholle muss jedoch je nach Bodentyp noch einmal zerkleinert werden - i.d.R. geschieht das durch eine Kreiselegge -, um ein geeignetes Saatbett herzustellen. Dies kann auch im Rahmen der Einsaat durch Verwendung einer Kreiseleggen-Saatkombination geschehen. Nach dem Pflügen können wüchsige Gräser bei günstigen Witterungsbedingungen wieder aus den gewendeten Soden auswachsen.
(WIESEN-)FRÄSE
Noch mehr von der vorherigen Vegetation bleibt beim „normalen“ Fräsen erhalten, da hier die alte Grasnarbe einmal durchgedreht wird, nur ein Teil der Soden gewendet wird und abstirbt, andere aber bei feuchter Witterung gleich wieder anwachsen können. Für ein gutes Ergebnis muss daher die Zerkleinerung der Narbe möglichst effektiv erfolgen. Hierzu sind in der Regel entweder zwei Fräs-Durchgänge erforderlich oder eine sehr langsame Geschwindigkeit (1 bis 2 km/h), was sowohl den Aufwand als auch die Kosten erhöht. Den besten Erfolg zeigt diese Methode bei nachfolgend trockener Witterung über mehrere Tage, da dann die zerkleinerten Soden vertrocknen und kein Wiederaustrieb erfolgt. Die Vegetation darf nicht zu hoch sein, da sich langhalmiger Aufwuchs um die Welle der Fräse wickelt. Deshalb ist unter Umständen vorheriges Mulchen oder Mähen mit Abfuhr erforderlich.
SCHEIBENEGGE
Ein ähnliches Ergebnis wie bei der Wiesen-Fräse ist bei der Bearbeitung mit der Scheibenegge zu erwarten. Die Wirkung der Scheibenegge entspricht einem flachen Pflügen. Ihr Vorteil ist eine gegenüber den anderen Methoden deutlich höhere Flächenleistung und damit geringere Kosten auch bei mehrmaliger Überfahrt. Hinzu kommt die Möglichkeit, die vorhandene Vegetation auch bei größeren Aufwuchshöhen ohne vorhergehenden zusätzlichen Arbeitsschritt mit einzuarbeiten. In der landwirtschaftlichen Praxis wird die Scheibenegge beispielsweise zum Einarbeiten von Winterbegrünungen eingesetzt. Die Auswahl der Technik ist ein Abwägungsprozess aus EingriIiefe bzw. -intensität, damit verbundenen Kosten und Größe der Rohbodenfläche. Auch diese Technik ist erfolgreicher vor einer trockenen Witterungsperiode.
2. Umbruchslose Verfahren in bestehender Vegetation
RILLENFRÄSE
Die Rillenfräse schneidet mit kurzen Fräsmessern etwa zwei Zentimeter breite Streifen in zehn Zentimetern Abstand in die Grasnarbe und legt oberflächlich durch Säschare die Saat auf diese Streifen ab. Voraussetzung für einen erfolgreichen Einsatz ist eine möglichst kurze Grasnarbe, die zuvor erzeugt werden muss. Bei stark horstbildenden Grasarten ist diese Methode ungeeignet, da die Fräsmesser dann die Horste nicht schneiden, sondern herausreißen. Der Trick mit dem Klappertopf: Hilfreich ist bei geeignetem Standort der Saatmischung Klappertopfsamen beizumischen, der bei ausreichender Dichte durch die Schmarotzertätigkeit die Schwächung der vorhandenen Gräser in und nahe den Saatrillen bewirkt. Dies kann den eingesäten Kräutern bessere Startbedingungen verschaffen. In diesem Fall darf der erste Schnitt erst nach der Samenreife des Klappertopfs erfolgen, etwa in der zweiten Julihälfte.
VERTIKUTIERER
Bei stark vermoosten oder sehr lückigen Beständen stellt der Einsatz eines Vertikutierers eine weitere Möglichkeit zur umbruchlosen Flächenvorbereitung dar. Voraussetzung für einen erfolgreichen Einsatz eines Vertikutierers ist ebenfalls eine möglichst kurze Vegetation, die ggf. zuvor geschaffen werden muss. Bei starker Vermoosung muss das Moos nach dem Einsatz von der Fläche entfernt werden. Die Arbeitshöhe des Vertikutierers sollte so tief wie möglich eingestellt werden. Anzustreben sind mindestens 50 Prozent Offenboden nach der Flächenbearbeitung. Gegebenenfalls sind zwei Durchgänge (Längs- und Querrichtung) erforderlich.
GRÜNLANDPFLEGEKOMBINATION
Unter bestimmten Voraussetzungen kommt auch der Einsatz einer Grünlandpflegekombination zur Übersaat mit Regio-Saatgut in Frage. Dies ist dann der Fall, wenn auf großen Flächen schon ein hoher Anteil Lücken in der Narbe vorhanden ist. Auf solch lückigen Standorten, auf denen aufgrund gesetzlichen Schutzes (z.B. Art. 23 BayNatSChG) die mechanische Zerstörung der Narbe verboten ist, bietet sich eine Chance für die Übersaat, also Einbringung von in den Bestandslücken. Bei bisweilen zu dichtem Aufwuchs von problematischen Ackerunkräutern aus der Samenbank, z.B. Gänsefuß, Knöterich oder Kamillen, hilft i.d.R. ein Schröpfschnitt mit Abtransport des Mähgutes (bei wenig Biomasse auch als Mulchschnitt möglich). Da sich Wildpflanzen deutlich langsamer entwickeln als Kulturarten, wird erst im zweiten oder dritten Jahr nach der Ansaat die Grünlandnarbe den Narbenschluss und ihre Zielartenzusammensetzung weitgehend erreicht haben.
Rechtliche Hinweise
Aufgrund der Umbruchsverbote bzw. der Genehmigungsverpflichtungen für die Umwandlung von
Dauergrünland, die auch bei Narbenerneuerung bzw. Neuansaaten greifen, sind folgende
Rechtsgrundlagen unbedingt im Vorfeld einer Maßnahme zu prüfen:
- Greeningvorschriften (Regelungen in der DirektZahlDurchfV):
- Generelles Umwandlungsverbot von Grünland in FFH-Gebieten („Wertgrünland“)
- Genehmigungspflicht zur Dauergrünlandumwandlung („Sonstiges Grünland“) - BayNatSchG:
- Umwandlungsverbot nach Art. 3 Abs. 4 Nr. 1 BayNatSchG
- Schutzstatus Art. 23 BayNatSchG (Arten- u. strukturreiches Dauergrünland) - Erhaltungsmischungsverordnung (ErMiV)
- Definition von Erhaltungsmischungen und deren Verwendung
Wir danken der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein für die freundliche Erlaubnis, die Inhalte ihres Leitfadens „Blütenmeer 2020“ verwenden zu dürfen.