Deutscher Verband für Landschaftspflege

Insektenfreundlicher Acker

Eigentümer von Ackerland und Ackerbewirtschaftende können zum Schutz und Erhalt von Insekten beitragen. Insbesondere Äcker mit einer Ertragsmesszahl von unter 3500 Punkten, auf denen die Produktivität eingeschränkt ist, kommen für eine extensive und insektenfreundliche Bewirtschaftung in Frage. Das beste Ergebnis ist dabei mit einer langfristigen Umstellung zu erreichen. Eine extensive Bewirtschaftung kann aber auch nur auf Teilflächen des Ackers sinnvoll und wirksam sein.

Kommunen und andere Verpächter können mit den Bewirtschaftern insektenfreundliche Maßnahmen vereinbaren. Gleichermaßen können Landwirte auf ihren Flächen die Bewirtschaftung extensivieren.

Lebensraum Acker

Über Jahrtausende des Ackerbaus haben sich hunderte Wildpflanzen und mit ihnen mehrere tausend Tierarten an den Lebensraum Acker angepasst. Viele von ihnen werden durch eine intensiver werdende Bewirtschaftung immer mehr zurückgedrängt. Ackerwildkräuter sind die mit Abstand am stärksten bedrohte Pflanzengruppe in Mitteleuropa. 72 % (!) der etwa 200 Ackerwildkrautarten im engeren Sinn stehen auf der Roten Liste der gefährdeten Arten in Bayern. Kein anderer Lebensraumtyp ist damit so stark bedroht wie die Ackerwildkrautgesellschaften. Dies steht im starken Widerspruch zu den Anstrengungen im Naturschutz für den Ackerwildkrautschutz. So befindet sich kein Ackerlebensraum unter den FFH-Lebensraumtypen des Anhang I und nur eine einzige Pflanzenart in Anhang II. Sie gehören nicht zu geschützten Biotopen nach § 30 BNatSchG und es gibt nur sehr wenige Äcker, die in Schutzgebieten geschützt sind. Spezielle Initiativen und Acker-Vertragsnaturschutz sind nur Tropfen auf den heißen Stein.

Ackerwildkräuter sind zudem wine wichtige Nahrungsquelle für zahlreiche spezialisierte Insekten. Geht man davon aus, dass pro Pflanze etwa 10 Insektenarten verschwinden, dann bekommt dieser Verlust eine sehr viel größere Bedeutung. Ein Großteil der Wildinsekten, vor allem aus den Gruppen der Wildbienen, Schmetterlinge, Wanzen und Zikaden, sind auf das Vorkommen bestimmter Pflanzenarten angewiesen. Fehlen diese, verschwinden die Insektenarten. Nicht zuletzt ernähren sich Feldvögel wie Rebhuhn und Feldlerche von Insekten und setzen damit die Nahrungskette fort.

Ackerwildkräutern fördern

Ein entscheidender Faktor für die Förderung von auf Acker spezialisierten Insekten ist der Erhalt von Ackerwildkräutern. Über 95 % der Ackerwildkräuter verursachen keine Probleme oder Hindernisse für das Wachstum oder den Drusch der Ackerfrucht, weil sie zu klein und konkurrenzschwach sind, um die Ernte zu beeinträchtigen. Echte Problemunkräuter gibt es nur wenige wie z.B. Ackerkratzdistel, Weißer Gänsefuß, Geruchlose Kamille, Quecke, Ackerfuchsschwanz oder einige Hirsen bei Hackfrüchten und Mais. Diese sind auch von Naturschutzseite nicht erwünscht.

Insgesamt ist eine extensive Bewirtschaftung für den Erhalt der vielen spezialisierten Insektenarten auch deutlich wirkungsvoller als eingesäte Blühstreifen oder -flächen, da die entscheidenden Pflanzenarten in den Blühmischungen nicht enthalten sind.

Die Anlage und vor allem die extensive Bewirtschaftung von Äckern oder Ackerrandstreifen zur Förderung einer vielfältigen und standorttypischen Ackerwildkrautflora ist für den Insektenschutz sehr sinnvoll und wichtig.

Empfehlung für die Bewirtschaftung von Äckern

Die hier genannte Empfehlungen sind speziell zur Förderung einer artenreichen Ackerwildkrautflora, gleichwohl dienen sie auch der Förderung der Insekten und damit schließlich auch der Feldvögel.

* = unbedingt notwendig

  • Verzicht auf chemische Pflanzenschutzmittel* Eine Einzelpflanzenbekämpfung von Problemunkräutern mit der Rückenspritze ist allerdings in der Regel unbedenklich.
  • Vielfältige Fruchtfolge*: Empfehlenswert ist eine 5-7gliedrige Fruchtfolge. Sie sollte enthalten:

    Mindestens zweimal Wintergetreide; höchstens einmal zweijähriges Kleegras, besser nur einjährig bzw. überjährig, höchstens ein Jahr Brache; höchstens zwei Jahre Körnerleguminosen; Bei Sommerfrucht Bewirtschaftungsruhe ab der Saat bis Ende Juni

  • Verzicht auf Intensivkulturen* z.B. Mais, Zuckerrüben, Raps

  • Verzicht auf Untersaat und Zwischenfrüchte*: Sie unterdrücken das Wachstum von Ackerwildkräutern. Gewünschte „Winterbegrünung“ zum Erosionsschutz kann durch die natürlich aufkommende Ackerwildkrautflora erreicht werden.

  • Stoppelbrache* nach der Ernte bis Mitte September. In diesem Zeitraum samen viele Wildkräuter aus.
  • Doppelter Reihenabstand oder halbe Saatstärke: Diese Maßnahmen ist allerdings auf sehr armen Sand- und Kalkscherbenäckern (EMZ<3000) nicht sinnvoll, da Äcker auf diesen Böden bei fehlender oder moderater Düngung ohnehin nur lückige Bestände tragen und zudem bei weitem Reihenabstand zu starker Vergrasung neigen.
  • Düngung: Bei sehr gut nährstoffversorgten Böden kann ein vollständiger Verzicht auf Düngung sinnvoll sein. Bei Nährstoffbedarf ist eine Düngung mit Festmist empfehlenswert. Bei Nährstoffmangel kann Gülle in stark reduzierter/verdünnter Form eingesetzt werden.
  • Eine Nachweide mit Schafen ist immer sinnvoll wegen der moderaten Düngung und Samenverbreitung durch die Tiere.
  • Verzicht auf mechanische Unkrautbekämpfung sollte vor allem auf Äckern angewendet werden, auf denen seltene oder gefährdete Ackerwildkräuter vorkommen.
  • Nachsaat mit zertifiziertem Regiosaatgut: Eine Nachsaat von gebietseigenen Ackerwildkräutern ist sinnvoll, wo keine keimfähige Samenbank mehr im Boden vorhanden ist. Das Pflanzenaufkommen sollte jedoch mindestens ein Jahr vorher beobachtet werden. Das Saatgut ist allerdings nur für wenige Ursprungsgebiete erhältlich.

Bei Interesse empfehlen wir den Rat von Experten heranzuziehen. Kompetente Beratung bieten die untere Naturschutzbehörde und die Landschaftspflegeverbände.

 

Fördermöglichkeit

Bayerisches Vertragsnaturschutzprogramm Maßnahme „Extensive Ackernutzung für Feldbrüter und Ackerwildkräuter“

Beispiel Prämienberechnung

Grundleistung

  • Kein Anbau von Mais, Zuckerrüben, Kartoffeln, Klee, und Ackergras; mind. 2 Winterungen (Getreide); Keine chemischen Pflanzenschutzmittel, keine mechanische Unkrautbekämpfung; keine Untersaat; Anbau von Körnerleguminosen, Kleegras, Luzerne oder Klee-Luzerne-Gemisch sowie Brachlegung jeweils max. einmal in 5 Jahren zulässig: Bewirtschaftungsruhe nach der Saat im Frühjahr bis 30.06.        420 €/ha

Zusatzleistungen

  • Kompletter Düngeverzicht         180 €/ha
  • Verzicht auf Dünger außer Festmist         130 €/ha
  • Reduzierte Ansaatdichte            75 €/ha
  • Stoppelbrache        100 €/ha

Summe Prämie kompl. Düngeverzicht 775 €/ha, bei Festmistdüngung 725 €/ha

Eine Nachsaat mit gebietseigenem Regiosaatgut kann unter Umständen durch die Landschaftspflege- und Naturparkrichtlinie (LNPR) gefördert werden. Kontaktieren Sie hierfür die untere Naturschutzbehörde.